Spezialstation ermöglicht frühe Mobilisierung
Der Verlust eines Armes oder Beines durch Unfall, Durchblutungsstörung, Diabetes mellitus, chronische Entzündung oder Tumor stellt für jeden Menschen eine einschneidende Situation dar. Für die bestmögliche Versorgung mit einer Arm- oder Beinprothese sowie die psychische und physischen Stärkung der Betroffenen ist eine Rehabilitation in einer spezialisierten Klinik notwendig und hilfreich. Dies fordert auch die geltende Leitlinie für die Rehabilitation nach Major-Amputation.
Das MEDIAN Reha-Zentrum Wiesbaden Sonnenberg verfügt über eine eigene spezialisierte Sonderstation für amputierte Menschen, welche mit barrierefreien großen Zimmern und entsprechenden Bädern ausgestattet ist.
Rehabilitation ist immer eine Teamleistung. Dies zeigt sich insbesondere bei der speziellen Versorgung wie z.B. nach der Amputation eines Armes oder Beines. Das Reha-Zentrum Wiesbaden Sonnenberg ist in der Lage, die Patienten sehr früh nach der Amputation (ab dem zehnten Tag) ohne weitere Hilfsmittel direkt aus dem Akuthaus zu übernehmen.
Wir verfügen über entsprechend ausgebildete Pflegekräfte, die sich im Wundmanagement auch größerer Wunden auskennen. Nach Amputation im Bereich des Unterschenkels oder auf Höhe des Knies (Knieexartikulation) kann direkt ein Gehtraining mit einer wiederverwendbaren, pneumatischen Übungsprothese begonnen werden. Bei Amputationen im Bereich des Oberschenkels erfolgt zunächst eine Vorbereitung des Stumpfes (Stumpfkonditionierung) und dann sehr zeitnah die Anfertigung einer ersten individuellen Prothese, welche als Interimsprothese gefertigt ist.
Der Chefarzt der Orthopädischen Abteilung, Herr Dr. med. Johannes Schröter, hat seine Ausbildung u.a. auch in der Klinik und Poliklinik für Technische Orthopädie der Universität Münster, eines der europäischen Zentren für die Versorgung amputierter Menschen, absolviert. Er ist Mitbegründer der Kommission für die nationale Versorgungsleitlinie bei Major-Amputationen des Fußes. Er ist Gründungsmitglied des Vereins für Technische Orthopädie (VTO) und Mitglied der ISPO, des nationalen und internationalen Vereins für Prothetik und Orthetik.
Er und sein speziell geschultes Team aus Ergotherapeuten, Physiotherapeuten, Pflegekräften sowie Psychologen und Sportwissenschaftlern sorgen für eine optimale Mobilisation des Patienten.
Der Ablauf der Rehabilitation
Bei Amputationen im Bereich des Unterschenkels und Kniegelenkes erfolgt zunächst die Mobilisation mit einer wiederverwendbaren, pneumatischen Übungsprothese.
Nach Erzielen von stabilen Stumpfumfängen (nach ca. zehn Tagen Rehabilitation) erfolgt dann die Anfertigung einer ersten individuellen Prothese als Interimsprothese.
Für alle Amputationen im Bereich der unteren Extremität wird mit der individuellen Prothese das weitere Gehtraining sowie eine umfangreiche Prothesengebrauchsschulung, also das Erlernen des Umgangs mit der Prothese, durchgeführt.
Im weiteren Verlauf ändern sich die Stumpfumfänge deutlich (der Stumpf wird schlanker), sodass engmaschige Nachpassungen der Prothese durch den jeweiligen Orthopädietechniker erfolgen.
Das Reha-Zentrum Wiesbaden Sonnenberg arbeitet mit allen Sanitätshäusern zusammen, sodass jeder Patient seinen Orthopädietechniker behält.
Insgesamt dauert die Rehabilitation ca. fünf Wochen, bis der Patient sicher mit seiner Prothese mobilisiert ist.
Im MEDIAN Reha-Zentrum Wiesbaden Sonnenberg können auch Patienten nach Amputation der Hand, des Unter- oder Oberarmes aufgenommen werden. Hier erfolgt ebenfalls zuerst eine Stumpfkonditionierung und in Zusammenarbeit mit unseren Ergotherapeuten und entsprechend qualifizierten Orthopädiemechaniker-Meistern die Planung einer entsprechenden myoelektrischen Handprothese oder Armprothese.
Es werden dabei zunächst Muskelpotenziale am Stumpfende aufgesucht und trainiert, die später der Steuerung der elektronischen Handprothese oder Armprothese dienen.
Nach Erzielung stabiler Stumpfumfänge erfolgt hier analog die Anfertigung einer ersten individuellen Prothese als Interimsprothese und eine intensive Prothesengebrauchsschulung mit täglicher Einzelkrankengymnastik und Einzelergotherapie.
Da die Versorgung mit einer elektronischen Hand sehr komplex ist, werden während des stationären Aufenthaltes in der Regel verschiedene Hände von verschiedenen Herstellern (Otto Bock, Touch Bionics etc.) erprobt und erst dann die endgültige Versorgung rezeptiert.
Hier dauert die Rehabilitation in der Regel sechs Wochen.
Nach unzähligen Operationen und anhaltenden Schmerzen hat Steven sich vor elf Jahren für die Amputation entschieden und im Anschluss eine Reha im MEDIAN Rehazentrum Wiesbaden Sonnenberg begonnen. Hier lernte er den Umgang und die vielfältigen Bewegungsmöglichkeiten mit einer Prothese kennen.
Dr. Schröter, Chefarzt der Abteilung Orthopädie, zu Gast in der Sendung "Die Ratgeber" des Hessischen Rundfunk, um über Amputationen, die Folgen und die Rehabilitationsmaßnahmen aufzuklären.
Die technische Orthopädie hat in den vergangenen Jahren durch den Einzug der elektronischen Steuerungen einen deutlichen Fortschritt erlebt. Gerade die Verwendung von elektronisch gesteuerten Kniegelenkssystemen (z.B. C-Leg) stellt für Patienten, welche oberhalb des Knies amputiert wurden, einen deutlichen Fortschritt bezüglich der Gang- und Standsicherheit dar.
Herr Dr. med. Johannes Schröter ist für alle gängigen elektronischen Kniegelenkssysteme zertifiziert (C-Leg 4, Otto Bock; Rheo 3, Össur; Plié 2.0, Freedom; my+leg und Linx, Endolite), sodass bereits während des stationären Aufenthaltes bei geeigneten Patienten eine Erprobung dieser elektronischen Gelenksysteme erfolgen kann.
Nach der Amputation eines Armes oder Beines können Phantomschmerzen auftreten, d.h. die nicht mehr vorhandene Hand oder der fehlende Fuß werden als schmerzhaft wahrgenommen.
Der Chefarzt, Herr Dr. med. Johannes Schröter, ist qualifizierter Schmerztherapeut und erfahrener Spezialist in der Behandlung von Phantomschmerzen.
Neben entsprechend geeigneten Medikamenten (z.B. Lyrica® Pregabalin) kommen insbesondere die Spiegeltherapie, Triggerpunkt-Therapie und kontralaterale TENS-Therapie zum Einsatz, welche von Beginn des stationären Aufenthaltes an mit dem Patienten geübt werden.
Da der Verlust eines Armes oder Beines einen einschneidenden Eingriff in die Integrität des Menschen darstellt, werden die Patienten während des gesamten stationären Aufenthaltes in der Reha-Klinik Aukammtal durch erfahrene Psychologen begleitet. Darüber hinaus erfolgt eine umfangreiche sozialmedizinische Beratung bezüglich des Arbeitsplatzes und des häuslichen Umfeldes.
Das Ziel ist eine ganzheitliche Rehabilitation. Der Betroffene soll nicht nur nach dem neuesten Stand der Technik und entsprechend seines Mobilitätsgrades mit einer für ihn geeigneten Prothese versorgt werden, sondern auch sicher mit derselben umgehen können. Die Wiedererlangung der selbstständigen Fortbewegung (mit und ohne Unterarmgehstützen, in Abhängigkeit von der Schwere der Erkrankung) steht im Fokus der Rehabilitation. Darüber hinaus möchten wir eine weitgehende Beschwerdefreiheit erreichen sowie die Rückkehr in ein vorbereitetes häusliches und berufliches Umfeld ermöglichen.